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Rezension

Isabelle Theurillat Langenegger, Personalverleih aus dem Ausland, ArbR 2008, S. 109-121

Die Autorin stellt einleitend die Entstehungsgeschichte des Arbeitsvermittlungsgesetzes (AVG) dar und erläutert in den Grundzügen dessen Regelungsbereich. Eingehend schildert sie wie stufenweise das in Art. 12 AVG statuierte Verbot des Personalverleihs aus dem Ausland einerseits auf Verordnungsstufe und andererseits in der Praxis aufgeweicht wurde. So wurde der Personalverleih aus dem Ausland in Art. 30 der Arbeitsvermittlungsverordnung (AVV) für den Fall zugelassen, dass in der Schweiz kein Verleiher die entsprechenden Arbeitskräfte anbot und zudem wurde praxisgemäss der konzerninterne Verleih von Arbeitskräften aus dem Ausland zugelassen.

Interessant sind sodann auch die Ausführungen der Autorin zu den in diesem Zusammenhang beabsichtigten Anpassungen, die mit einem EWR-Beitritt einhergegangen wären. Der Bundesrat war damals der Ansicht, dass das grundsätzliche Verbot des Personalverleihs vom Ausland in die Schweiz nicht mit dem vom EWR angestrebten freien Dienstleistungsverkehr vereinbar gewesen wäre. Der Bundesrat hat deshalb vorgeschlagen, im Verhältnis zu den EWR-Staaten das Verbot aufzuheben. Nachdem der EWR-Beitritt an der Abstimmung vom 6. Dezember 1992 vom Volk abgelehnt wurde, wurde diese Revisionsvorlage nicht weiterverfolgt.

Sodann legt die Autorin weiter dar, dass das Verbot des Personalverleihs aus dem Ausland auch mit dem Abschluss des Freizügigkeitsabkommens weiter Bestand hat, obwohl das Freizügigkeitsabkommen selber in begrenztem Ausmass den freien Dienstleistungsverkehr vorsieht und zudem im Verhältnis unter den EG-Staaten die Dienstleistungsfreiheit für den Personalverleih in uneingeschränkter Weise gilt.

Das Entsendegesetz (EntsG) wurde am 1. Juni 2004 als flankierende Massnahme zum Freizügigkeitsabkommen in Kraft gesetzt, um die drohende Gefahr eines Lohndumpings, welches mit der Liberalisierung das auf 90 Arbeitstage begrenzten Dienstleistungsverkehrs einhergeht, einzudämmen. Die Autorin legt hierzu dar, dass im Entsendegesetz - in Anlehnung an die europäische Entsenderichtlinie 97/71/EG - Entsendungen von Arbeitnehmern, die unter der Leitung von ausländischen Unternehmen Dienstleistungen erbringen, und solche, bei denen der Arbeitnehmer wohl bei einem ausländischen Dienstleistungserbringer angestellt bleibt, jedoch in die Arbeitsorganisation eines inländischen Unternehmens eingegliedert ist, geregelt sind. Nicht in den Geltungsbereich des Entsendegesetzes fallen jedoch Entsendungen durch Leiharbeitsunternehmen, da der Verleih von ausländischen Entsandten ohnehin durch Art. 12 AVG verboten sei. Die Autorin macht darauf aufmerksam, dass der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang weder auf die in Art. 30 AVV statuierte Ausnahme vom Verbot des ausländischen Personalverleihs noch auf den konzerninternen Verleih eingegangen ist. Erst später, im Juli 2006, wurde im Zuge einer nationalrätlichen Motion Art. 30 AVV ersatzlos gestrichen. Begründet wurde diese Streichung mit der Befürchtung, dass ausländische Verleiher die besagte Bestimmung missbrauchen könnten, um die für die anderen Entsandten geltenden Schutzbestimmungen des Entsendegesetzes zu umgehen.

Unter dem Titel "Chancen und Risiken" hebt die Autorin hervor, dass die Streichung von Art. 30 AVV "nicht gerade ein Fortschritt in der Integration der Schweiz in den europäischen Binnenmarkt" bedeute. Vielmehr vertritt sie die Meinung, dass eine Ausdehnung des Entsendegesetztes auf den Personalverleih aus dem Ausland die Möglichkeit geboten hätte, ein wirksames Kontroll- und Sanktionssystem in diesem Bereich zu schaffen. Das vom Bundesrat für die Streichung ins Feld geführte Argument, die Wirtschaft habe nie ein Bedürfnis für die Ausnahmeregelung geltend gemacht, stellt die Autorin in Frage, obwohl sie selber darlegt, dass sich die Wirtschaft im Rahmen der Vernehmlassung zur "Aufhebung und Vereinfachung von Bewilligungen" zum Personalverleih aus dem Ausland nicht äusserte.

Nach der Meinung des Schreibenden ist die tatsächliche Relevanz des Verbotes des Personalverleihs aus dem Ausland eher gering; denn bei international tätigen Personalverleihfirmen werden die Arbeitnehmer weltweit rekrutiert und schliesslich im Land des Einsatzbetriebes von der dort ansässigen Niederlassung nach den im jeweiligen Staat geltenden Gesetzesbestimmungen verliehen. Damit kann sich der inländische Einsatzbetrieb im Bedarfsfall an einen inländischen Personalverleiher wenden, der ihm - mit der nötigen Bewilligung (Art. 12 Abs. 2 AVG) - Arbeitskräfte aus der ganzen Welt vermitteln darf. Vor diesem Hintergrund besteht für die inländische Wirtschaft gar kein echtes Bedürfnis, die Dienstleistungen eines ausländischen Personalverleihers in Anspruch zu nehmen.

Die vorliegende Arbeit bildet einen wertvollen und sauber recherchierten Beitrag zu den Hintergründen der Personenfreizügigkeit.

Im November 2009
Dr. Roger Hischier